Schreiben ist kein Privileg – Schreiben ist immer Verantwortung
Hilde Flex
Beginn:
Auszug aus der „Sächsischen Zeitung“ vom 17. März 1960
„Seit gestern besteht der erste Zirkel schreibender Arbeiter in unserem Kreis. Nicht alle Mitglieder des Zirkels sind Arbeiter, es befinden sich darunter auch Lehrer, Angestellte, Funktionäre und Rentner, von denen aber die meisten früher Arbeiter waren. Wir begrenzen deshalb den Begriff vom schreibenden Arbeiter nicht allzu eng, kommt es uns doch darauf an, alle neuen Talente auf literarischem Gebiet zu erfassen. Die Zirkelarbeit soll sie nun fördern, ihnen die Möglichkeit geben, sich in ihrer künstlerisch-schöpferischen Tätigkeit zu vervollkommnen. Die Leitung dieser jüngsten Arbeitsgemeinschaft der Volkskunst hat der Schriftsteller K u r t D a v i d übernommen.“
Zur Geschichte:
Als Gründer des Zirkels 1960 gilt Max Hase, Kulturbund der DDR. Geleitet haben den Zirkel bis zur „Wende“ und danach bis heute: Kurt David, Werner Lehmann, Hilde Flex, Ingeborg Handschick, Irmgard Puffe und Christian Lange.
In der DDR waren der Zirkel und seine Arbeit sehr anerkannt. Die Mitglieder erarbeiteten Broschüren mit ihren Texten und erhielten für ihre Werke, die von hohem Niveau zeugten, zahlreiche Auszeichnungen (u.a. 1970 und 1985 „Hervorragendes Volkskunstkollektiv“, Teilnahme an Bezirksleistungsschauen und an den Arbeiterfestspielen der DDR). Davon zeugen viele Urkunden.
Nach der friedlichen Revolution engagierten sich Frau Irmgard Puffe und die Zittauer Schriftstellerin Inge Handschick (gest. 2011) weiter für die Arbeit der Schreibenden. Es ist ihr Verdienst, dass bis heute Menschen mit Interesse am Schreiben im Zirkel Anleitung und Unterstützung finden. Frau Puffe, die als Lektorin alle Texte korrigierte und prüfte, leitete außerdem viele Jahre erfolgreich einen Schreibzirkel für Kinder und Jugendliche. Hervorragendes entstand auch hier, was die Arbeiten der Schüler beweisen. Bis 2016 leitete Frau Puffe den Zirkel mit der von ihr bekannten Sachkompetenz und Zuverlässigkeit.
„Zirkel Schreibender Zittauer“ heute:
Noch immer begegnen sich in dieser Arbeitsgemeinschaft ganz unterschiedliche Menschen aus allen Schichten und was sie eint, ist die Freude am Schreiben. Oft ist es die Familiengeschichte, viel Persönliches, Begegnungen, politische Ereignisse, Alltag oder zuletzt Corona. Auch Gedichte, Lyrik, Haikus oder ein Roman – am Ende muss es gut sein; d. h. es muss hinter die „Dinge“ geschaut werden. Gemeinsam wird hier reflektiert, diskutiert und auch kritisiert. Das letzte Wort hat der Leiter mit seinem sprachlichen Fachwissen und das „allerletzte“ der Autor selbst. So sind in den letzten Jahren überzeugende Werke entstanden und auch veröffentlicht worden.
Ein Teil der Mitglieder hält dem Zirkel seit Jahrzehnten die Treue. Unser ältestes Mitglied ist neunzig Jahre alt und schreibt gerade an einem zweiten Band „Geschichten aus meinem Leben“. Die jüngsten Mitglieder sind 60 Jahre alt. Es werden weniger Mitglieder und somit Zeit für eine behutsame Verjüngung und Erneuerung. Wobei die Form des Schreib-Zirkels, die bis jetzt erfolgreich war, bestehen bleiben sollte: Ein monatliches Treffen, sich über aktuelle Themen austauschen, miteinander reden und nachdenken und natürlich die Arbeit an Texten, die das Wichtigste bleibt. Das alles unter Freund*innen, in einem Kreis in dem „man“ sich wohlfühlt für ganz kleines Geld.
Neugierig? Schauen Sie einfach mal rein beim Zirkel Schreibender Zittau.
Jeden letzten Mittwoch im Monat , um 15 Uhr, im Veranstaltungssaal
der Christian-Weise-Bibliothek Zittau. Die genauen Termine finden Sie im Veranstaltungskalender.
Wir freuen uns auf Sie!